Physiker Eckart erhält renommierte Förderung des European Research Council zur Erforschung des quantenmechanischen Tunneleffekts
In der Welt der Quantenphysik gelingt es Elektronen zuweilen, die Bindungskräfte des Atomkerns zu überwinden und das Atom zu verlassen, obwohl sie eigentlich nicht genügend Energie dafür haben. Für die Erforschung dieses sogenannten quantenmechanischen Tunneleffekts erhält der Physiker Sebastian Eckart von der Goethe-Universität Frankfurt jetzt einen der begehrten ERC Starting Grants. Mit den Fördermitteln in Höhe von etwa 1,8 Millionen Euro über 5 Jahre wird er zusammen mit seinem Team den quantenmechanischen Tunneleffekt in drei Dimensionen analysieren. Die ERC Starting Grants sollen es junge Wissenschaftler ermöglichen, über mehrere Jahre eigenständige Forschungsprojekte voranzutreiben.
FRANKFURT. Der
„Starting Grant“ des European Research Council (ERC) bietet dem
Experimentalphysiker Sebastian Eckart vom Institut für Kernphysik der
Frankfurter Goethe-Universität die Möglichkeit, mit seiner Arbeitsgruppe
physikalisches Neuland zu betreten: „Wir wollen den quantenmechanischen
Tunneleffekt in drei Dimensionen betrachten“, sagt Eckart. Das war in dieser
Form bislang nicht möglich, obwohl der Tunneleffekt seit Jahrzehnten bekannt
und gut untersucht ist, da er für die Quantenphysik von fundamentaler Bedeutung
ist.
Beim Tunneleffekt durchdringt ein Teilchen eine Potenzialbarriere,
die nach den Regeln der klassischen Physik für das Teilchen unüberwindbar ist.
Ein analoges Beispiel aus der Mechanik ist ein Ball, der nur über einen Hügel
rollen kann, wenn seine Bewegungsenergie höher ist als die potenzielle Energie,
die er auf dem Scheitel des Hügels hat. In der Quantenmechanik können Teilchen
gelegentlich selbst dann solche Hügel überwinden, wenn sie eigentlich nicht
genügend Energie dafür besitzen: Sie bewegen sich dann „einfach“ durch den
Hügel hindurch, was als „tunneln“ bezeichnet wird. Damit ist der Tunneleffekt
eines der scheinbar paradoxen Quantenphänomene. Erklären lässt er sich in der
Quantenmechanik ungefähr so: Aufgrund der Eigenarten der Quantenphysik sind
Teilchen zugleich Wellen. Ein Ausläufer dieser Teilchenwellen kann durch die
Potenzialbarriere hindurchreichen und ermöglicht es so dem Teilchen, sich auch
jenseits der Barriere zu manifestieren und sich so aus ihr zu „befreien“.
„Als zu untersuchendes System nehmen wir einfache Argon-Atome,
indem wir einen Strahl aus diesem Edelgas durch unsere Probenkammer schicken“,
so Eckart. Die für den Tunneleffekt erforderliche Potenzialbarriere besteht aus
der elektromagnetischen Anziehung, die der Atomkern auf die Elektronen der
Argon-Atome ausübt. Mit extrem starken Laserpulsen, die aus verschiedenen
Richtungen auf das Atom treffen und im Kreuzungspunkt eine Intensität von rund
einer Billiarde Watt pro Quadratzentimeter erreichen, lassen sich die
Elektronen im Atom dann hin und wieder zum Tunneln „überreden“. Denn auch wenn
die Frequenz der eingestrahlten Laserpulse zu gering ist, um eine direkte
Ionisation zu bewirken, so verschieben bei derartigen Starkfeld-Intensitäten
die elektrischen Felder der Laserpulse die Elektronen-Teilchenwellen derart,
dass der Tunneleffekt möglich wird und bei rund einem Viertel der Atome auch
tatsächlich eintritt.
Besonders spannend für das Grundlagenverständnis des Tunneleffekts
wird es sein, wie die Eigenschaften der Laserpulse – also ihre
Schwingungsrichtungen in allen drei Raumdimensionen – mit den tunnelnden
Elektronen wechselwirken. So ist zwar bekannt, dass die Drehimpulse der
Lichtteilchen und der Elektronen einen starken Einfluss auf den Tunneleffekt
haben können. Gewisse Kombinationen bei den Eigenschaften der Laserpulse und
der freigesetzten Elektronen verstärken den Effekt oder schwächen ihn ab. In
drei Dimensionen ist dies aber noch nie untersucht worden. Hierzu nutzt Eckart
eine Frankfurter Co-Erfindung: das COLTRIMS-Reaktionsmikroskop, mit dem sich
atomare Geschehnisse dreidimensional auflösen lassen. Das wird es erlauben,
alte und grundlegende Fragen zur Quantenphysik sowie zur
Licht-Materie-Wechselwirkung zu beantworten.
Bilder zum Download: https://uni-frankfurt.de/128953822
Bildtext: Dr. Sebastian Eckart, Institut für Kernphysik der
Goethe-Universität. Foto: privat
Weitere Informationen
Dr.
Sebastian Eckart
Institut für Kernphysik
Goethe-Universität Frankfurt
Tel. +49 (0)69 798 47019
eckart@atom.uni-frankfurt.de
https://www.atom.uni-frankfurt.de/
Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für
Wissenschaftskommunikation, Büro PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax
069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de